GIL PELLATON – Hennissement
28 Januar 2022 – 27 März 2022
GIL PELLATON
Hennissement – Manor Kunstpreis
28.1.-27.3.2022
Die Erzählungen von Gil Pellaton (*1982, CH, Biel) handeln von seltsamen, lückenhaften Begebenheiten. Für seine Objekte und Installationen verwendet er oft organische Materialien wie Tigerbalsam und Koriander oder eine Mischung aus Kurkuma und Knochenleim. Deren Wirkung entfaltet sich nicht nur visuell, sondern auch über spezifische Gerüche und ihre Haptik. Das eigenständige künstlerische Vokabular Pellatons wird von der Kulturgeschichte sowie der symbolischen Aufladung der Materialien und ihrer Umdeutung im Kunstkontext inspiriert.
Hennissement ist die Fortsetzung einer fortlaufenden Arbeit, die versucht, ein von den vorherrschenden Bezugssystemen unabhängiges Universum zu entwickeln. Die köstlich geheimnisvollen Werke entwickeln Erzählungen, die unvollständig bleiben und eine Welt der Poesie eröffnen, in der die Gefühle endlos improvisieren können. Es ist der Versuch des Künstlers, eine Sprache ohne Worte und Begriffe zu erfinden, in der Kläffen, Wiehern und Bellen unsere neue Grammatik bilden. Die Ausstellung zeigt neben existierenden auch mehrere neue Werke, die vom Dialog zwischen dem Künstler und der Autorin Elise Lammer inspiriert wurden. Entstanden ist daneben ein poetischer Text für die Begleitpublikation, der gleichzeitig untrennbar mit dem Ausstellungskonzept verbunden ist.
In seiner bisher grössten Einzelausstellung will Gil Pellaton kein kohärentes, einheitliches Szenario schaffen, sondern einen Parcours aus fragmentarischen Situationen, der sich aus der Wiederholung von Motiven und sich entfaltenden Assoziationen entwickelt. Zu Beginn der Ausstellung werden wir mit einer gebogenen hölzernen Ballettstange konfrontiert, die uns den Korridor entlang und in den ersten Raum vom Parkett 2 im alten Gebäude führt. Die Uhr, die geheimnisvoll am Ende des Stabes hängt, taucht später in einem der beiden Videos wieder auf. Diese werden auf ein grosses Stoffband projiziert, das zwischen den Räumen verläuft, so dass jedes Video zwar seinen eigenen Raum einnimmt, aber dennoch eine physische wie emotionale Verbindung zwischen den beiden Frauen in einem Boot an einem sonnigen Tag und den tanzenden Pferden besteht. Der unbestimmte und rätselhafte Charakter dieser Aussenwelten verlagert sich in den letzten beiden Räumen in einen intimeren und kleineren Rahmen. Paare oder Gruppen von Skulpturen aus verschiedenen natürlichen und künstlichen Materialien suggerieren sowohl antike Rituale als auch zeitgenössisches Drama. In den polierten, unebenen Aluminiumoberflächen der Handspiegel zum Beispiel sehen wir sowohl Licht als auch unser eigenes verzerrtes Spiegelbild.
In den letzten Jahren hat Pellaton durch die Verwendung von organischen Substanzen wie Tigerbalsam, Koriander oder Kurkuma eine eigenständige Sprache entwickelt. Indem er sie ihrer ursprünglichen Funktion enthebt, nutzt er die symbolische Kraft der Materialien und ihr erzählerisches Potenzial in einem künstlerischen Kontext. In der Passage zur Salle Poma ist eine Reihe von reliefartigen Objekten aus Kurkuma zu sehen, die mit Knochenkleber vermischt sind. Die Farbe und der Geruch des Gewürzes bestimmen die Lesart des blattartigen Musters, das in die Oberfläche eingeschrieben ist. Diese Arbeiten setzen sich in einer anderen Konfiguration in der Salle Poma fort, eingebettet in die Enden von langen Stoffbahnen, die an zwei Stahlbögen hängen. Diese neue Arbeit ist eine radikal minimalistische Geste in dem monumentalen Raum und stellt die Erkundung natürlicher Substanzen als skulpturale Materialien durch den Künstler in den spezifischen Kontext der Architektur. Indem er bestehende und neue Arbeiten im Parcours vom Altbau bis zum strengen Minimalismus des Erweiterungsbaus kombiniert, spielt Pellaton mit Massstäben und Konfigurationen und schafft eine nicht-lineare Erfahrung, in der neue Konstellationen frühere Lesarten revidieren.
Gil Pellaton lebt und arbeitet in Biel, wo er von 2002 bis 2005 an der Schule für Gestaltung studierte. Von 2015 bis 2017 setzte er seine Ausbildung am Institut Kunst HGK FNHW in Basel fort und schloss mit einem Master in Fine Arts ab. 2010 wurde er mit dem Kiefer Hablitzel | Göhner Kunstpreis und 2020 mit dem Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendium ausgezeichnet.
Jury
Rolando Bassetti, Direktor Centre d’art Contemporain, Yverdon-les-Bains
Esther van der Bie, Künstlerin Biel/Bienne
Kathleen Bühler, Chefkuratorin Kunstmuseum Bern
Pierre-André Maus, Verwalter der Maus Frères SA, Genf
Chantal Prod’Hom, Direktorin mudac, Lausanne
[Vorschläge der Kandidat*innen: Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart]
Kuratorin der Ausstellung
Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus Pasquart
Publikation zur Ausstellung
Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation mit einem Text von Elise Lammer im Verlag für moderne Kunst (FR/ENG/DT).
Kunstimbiss – zu Tisch mit dem Kunsthausteam
Fr 18.2.2022, 12:15 (dt/fr) Kurzführung und anschliessendem Mittagssnack von Batavia. CHF 15.-, Anmeldung: info@pasquart.ch
Führungen
Sa 5.3.2022, 16:00 (fr) Elise Lammer, Künstlerin-Kuratorin und Autorin für die Ausstellungspublikation
Do 24.3.2022, 18:00 (dt) Stefanie Gschwend, wissenschaftliche Mitarbeiterin