Konrad Smoleński
6 Juli 2014 – 17 August 2014
Konrad Smoleński
6.7.2014-17.8.2014
Die Klang-Skulptur von Konrad Smoleński (*1977, Kalisz, PL), die 2013 im Polnischen Pavillon der Biennale von Venedig zu sehen war, beruht auf manipulierten Glockenklängen. Glocken als ein antikes Instrument waren über Jahrhunderte massgeblich für das Festlegen der Rhythmen unserer irdischen sowie ewigen Leben. Mit dem Transformationsprozess der vertrauten Töne verändert Smoleński auch die Bedeutung der Kirchenglocken. Der Künstler verfremdet die Töne, entfernt sie von ihren gewohnten Assoziationen und befreit das Tonsignal von seiner Quelle, indem er es in Echtzeit aufnimmt, verarbeitet und wiedergibt. Zudem greift er auf die Benutzung von Verzögerungs- und Halleffekten zurück. Die gewaltigen Lautsprecher geben die akustischen, überlagerten Wellen wieder und stellen die wuchtige Klang-Übertragung sicher, welche sich auf alle Personen und Objekte im Umfeld auswirkt.
Smoleńskis Installation verbindet Punk-Rock Ästhetik und die Präzision und Eleganz des Minimalismus. Wenn der Künstler für seine Performances und die Herstellung seiner Objekte sowohl traditionelle als auch selbstgebaute Tonobjekte benutzt, untersucht er damit Energieflüsse und ihre Interaktionen mit dem Publikum. Durch das Erkunden der Möglichkeiten der Elektrizität, der Klangwellen und der PA Systeme verändert der Künstler die Bedeutung, welche normalerweise der Rock-Kultur zugeschrieben wird. Er verlässt somit die lineare Narration, welche charakteristisch ist für musikalische Performances, indem er eine künstlerische Praxis entwickelt, die sich dem Zeitlichen widersetzt.
Ein Jahr nach der Biennale von Venedig zeigt sich die Installation für das Kunsthaus CentrePasquArt in Biel und die Zachęta – National Gallery of Art in Warschau in einer weiterentwickelten Edition. Um die Eigenschaften der unterschiedlichen Räume zu spiegeln, wird die Klang-Skulptur an die unterschiedlichen Standorte angepasst, wie ein Instrument, das vor seiner Benutzung gestimmt wird. Die gleichbleibenden Elemente der Installation sind zwei handgearbeitete, eiserne Glocken und die Reihen der Breitband-Lautsprecher, welche die Glockenklänge wiedergeben. Eine zusätzliche Neuerung der Schweizer Edition des Projekts Everything Was Forever, Until It Was No More – Time Test ist die Umsetzung der schwingenden Holz-Plattform, welche die visuellen und akustischen Eigenschaften der Salle Poma berücksichtigt. Zudem ist sie als Bühne für eine Reihe musikalischer Performances prominenter Musiker konzipiert. Jeder Musiker reagiert in Begleitung mit den Glockenklängen auf die verzögerten und bearbeiteten Klänge seines eigenen Instruments und verwischt dabei die Grenzen zwischen Skulptur und Ton.
Die Klang-Installation stellt ebenfalls eine Fortsetzung von Smoleńskis Aktivitäten in der Musik- und Kunstszene dar, deren traditionelle Aufteilung er damit auf die Probe stellt. Mit der Band BNNT haben er und Daniel Szwed seit 2007 in urbanen öffentlichen Räumen, Kunstinstitutionen und Festivals verschiede Audio Performances durchgeführt. Dazu benutzen sie ihren Bus als improvisierte Bühne für die sogenannten Klangbomben. Die Musiker treten in Sturmhauben oder Masken auf und jede Performance beinhaltet eine musikalische Attacke mit einem Saiteninstrument in Form eines Raketen-Kriegsbeils (Smoleński) und eines Schlagzeugs (Szwed).
Julian Barbour definiert die Zeit als Illusion, eine Idee, die als Inspiration für das ursprüngliche Konzept des Projekts diente. Der britische Physiker und Theoretiker führte die Vision eines zeitlosen Universums ein. Eine der grundlegenden Ideen dabei ist die Wahrnehmung der Gegenwart als dreidimensionale Momentaufnahme. Die chronologische Abfolge von Ereignissen wird als ein Resultat unserer Erinnerung von individuellen Gegenwartsmomenten aufgefasst. Folglich ist die Zeit nach Barbour lediglich ein Sinneseindruck, der mit Erinnerungen an Ereignisse, von denen wir glauben, dass sie in der Vergangenheit existiert haben, angereichert ist. Ideen aus Science-Fiction Geschichten oder aus Samuel Becketts Theaterstücken, die die Unzulänglichkeit oder die Ermattung des Konzeptes der Zeit thematisieren, haben die Entwicklung von Smoleński’s Installation zusätzlich beeinflusst.
Die Ausstellung wurde ko-kuratiert von Daniel Muzyczuk und Agnieszka Pindera, den Kuratoren des Polnischen Pavillons, und ko-produziert von der Zachęta – National Gallery of Art in Warschau. Sie wird dort in einer alternativen Form vom 10. Oktober bis zum 16. November zu sehen sein.
In Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus CentrePasquArt präsentiert die Kunsthalle Winterthur eine Auswahl neuer Arbeiten von Konrad Smoleński vom 15. Juni bis 27. Juli 2014.
Kuratoren der Ausstellung: Daniel Muzyczuk and Agnieszka Pindera, mit Felicity Lunn
Publikation zur Ausstellung: Zur Ausstellung erscheint eine limitierte LP mit begleitender Publikation.