Aeschlimann Corti-Stipendium
24 April 2016 – 12 June 2016
Aeschlimann Corti-Stipendium
24.4.2016-12.6.2016
Medienmitteilung
Bern Berne/Biel Bienne, 22.04.2016
LOUISE AESCHLIMANN UND MARGARETA CORTI-STIPENDIUM 2016
DER BERNISCHEN KUNSTGESELLSCHAFT BKG
Ausstellung prämierter Werke und einer Auswahl eingereichter Arbeiten im
Kunsthaus Pasquart in Biel
Das Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendium (AC-Stipendium) gilt als eines der
wichtigsten privaten Förderinstrumente für bildende Künstlerinnen und Künstler im Kanton Bern.
Zur Vergabe der Haupt- und Förderstipendien steht 2016 eine Gesamtsumme von CHF 65’000 zur
Verfügung. Die Ausstellung findet im Kunsthaus CentrePasquArt in Biel statt.
Seit 1942 vergibt die Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stiftung jährlich Stipendien an
Kunstschaffende der jüngeren Generation. Die Bernische Kunstgesellschaft BKG freut sich, für das
Jahr 2016 erneut das AC-Stipendium ausschreiben zu dürfen. Die Ausschreibung richtet sich an
Kunstschaffende, die seit mindestens einem Jahr im Kanton Bern ihren Wohnsitz haben oder im
Kanton Bern heimatberechtigt sind. Die Altersgrenze ist auf 40 Jahre festgelegt. Die Bewerbung für
das AC-Stipendium erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Eine Jury von fünf Mitgliedern beurteilt
die Eingaben und entscheidet über die Stipendienvergabe. Die Ausstellung findet 2016 im Kunsthaus
CentrePasquArt in Biel statt. Des Weiteren wird das künstlerische Schaffen der Stipendiatinnen und
Stipendiaten in einer Publikation vorgestellt (AC-Zeitung).
Der erste Jury-Durchgang hat am 24. März 2016 stattgefunden. Aus insgesamt 76 Eingaben hat die
Jury in mehreren ausführlich diskutierten Runden die Werke der Ausstellung bestimmt. Der zweite
Jury-Durchgang hat am 15. April 2016 stattgefunden. Aus dem Kreis der für die Ausstellung
Eingeladenen wurden von der Jury die Gewinner/-innen der Haupt- und Förderstipendien bestimmt:
Hauptstipendium (CHF 25’000)
Barbezat-Villetard
(Matthieu Barbezat *1981 Nyon / Camille Villetard *1987 Paris, leben und arbeiten in Bern und Sierre)
Förderstipendien (je CHF 10’000)
Michael Blaser (*1979 Bern, lebt und arbeitet in Bern)
Martin Jakob (*1989 St-Aubin-Sauges, lebt und arbeitet in Neuchâtel, Heimatort Lauperswil BE)
Selina Lutz (*1979 Zürich, lebt und arbeitet in Bern)
Sinae Yoo (*1985 Korea, lebt und arbeitet in Bern)
Die Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung 2016
Barbezat-Villetard (*1981 Nyon / *1987 Paris, leben und arbeiten in Bern)
Michael Blaser (*1979 Bern, lebt und arbeitet in Bern)
Simon Fahrni (*1987 Bern, lebt und arbeitet in Bern)
Maya Hottarek (*1990 Thalwil, lebt und arbeitet in Biel)
Katrin Hotz (*1976 Glarus, lebt und arbeitet in Biel)
Martin Jakob (*1989 St-Aubin-Sauges, lebt und arbeitet in Neuchâtel, Heimatort Lauperswil)
Matthias Liechti (*1988 Bern, lebt und arbeitet in Basel und Bern)
Selina Lutz (*1979 Zürich, lebt und arbeitet in Bern)
Thomas Moor (*1988 Aarau, lebt und arbeitet in Zürich, Heimatort Hasliberg)
Nicolas Raufaste / Magali Dougoud (*1988 CH/FR / *1986 Martigny, leben und arbeiten in Biel /
Lausanne)
Rebecca (*1986 Bern, lebt und arbeitet in Bern)
Tanja Schwarz / Roger Fähndrich (*1987 Thun / *1982 Olten, leben und arbeiten in Bern)
Sereina Steinemann (*1984 Richterswil, lebt und arbeitet in Bern)
Reto Steiner (*1978 Frutigen, lebt und arbeitet in Frutigen)
Vera Trachsel (*1988 Bern, lebt und arbeitet in Biel)
Sinae Yoo (*1985 Korea, lebt und arbeitet in Bern)
Jury 2016
Eva Inversini, Vorsitz
Günther Ketterer, Mitglied des Vorstandes der Bernischen Kunstgesellschaft BKG
Felicity Lunn, Direktorin Kunsthaus CentrePasquArt
Anne-Julie Raccoursier, Künstlerin, Genf/Lausanne
Dominik Stauch, Künstler, Thun
Jurybericht
Die Wahl der Gewinner/-innen für das Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendium 2016
erfolgte in einem zweistufigen Verfahren. In die Bewertung der Eingaben der Künstler/-innen flossen
sowohl die Beurteilung der eingereichten Einzelwerke, als auch diejenige des Gesamtwerks
gleichermassen mit ein.
Im ersten Durchgang, der am 24. März 2016 stattgefunden hat, wählte die Jury – aufgrund der
eingereichten digitalen Unterlagen – aus insgesamt 76 teilnahmeberechtigten Eingaben 16
Teilnehmer/-innen für die Ausstellung aus. Eine Aufnahme in die Ausstellung ist ausdrücklich als
Auszeichnung zu werten.
Eingegeben wurden Werke in den unterschiedlichsten Medien, im Bereich der Fotografie gab es
wenige Kandidaturen. Die Jury stellte bezogen auf die gesamte Ausstellung ein durchgehend qualitativ
hohes Niveau der präsentierten Kunstwerke fest. Insgesamt ist in der Ausstellung eine eindrückliche
und vielfältige Bandbreite künstlerischer Positionen des jungen bildenden Kunstschaffens aus dem
Kanton Bern (Wohnsitz/Heimatort) zu sehen.
Aus dem Kreis der für die Ausstellung Eingeladenen wurden im zweiten Durchgang am 15. April 2016
von der Jury die Gewinner/-innen der Haupt- und Förderstipendien bestimmt. In beiden
Verfahrensstufen wurden die Entscheide nach intensiv geführter Diskussion einstimmig getroffen. Zur
Vergabe der Haupt- und Förderstipendien steht in diesem Jahr eine Gesamtsumme von CHF 65’000
zur Verfügung. Die Jury hat sich entscheiden, ein Hauptstipendium zu CHF 25’000 und vier
Förderstipendien zu je CHF 10’000 zu vergeben.
Barbezat-Villetard
(Matthieu Barbezat *1981 Nyon / Camille Villetard *1987 Paris, leben und arbeiten in Bern und Sierre)
Hauptstipendium (CHF 25’000)
„Castor und Pollux“ (2015) nennt das Duo Barbezat-Villetard seine zweiteilige installative Skulptur aus
Neon und verspiegelten Verbundplatten aus Aluminium. Das namensgebende Zwillingspaar aus der
griechischen Mythologie steht für die simultane Gleichheit und Ungleichheit zweier Gestalten und
deren existenzielle innere Verbundenheit über den Tod hinaus. Diese Ambivalenz lässt sich auch im
Werk von Matthieu Barbezat und Camille Villetard erahnen: Hier durchdringt je eine Neonröhre eine
Platte dergestalt, dass diese in Schräglage gehalten wird. Die Linienführung des Neons folgt in beiden
Fällen demselben Prinzip, unterscheidet sich jedoch augenfällig. Die Positionierung der beiden
Werkteile sowohl zueinander als auch im Raum, führt – wesentlich bestimmt durch die (sich)
spiegelnden Oberflächen – von allen Seiten betrachtet zu überraschenden An- und Einsichten. Dem
Duo gelingt es subtil und präzis, ein komplexes Spannungsfeld zwischen Fragilität und Stabilität,
Prinzip und Variation, Zeichnung und Skulptur visuell und technisch überzeugend aufzubauen. Die
zweite in der Ausstellung präsentierte Arbeit „Some sweet ambivalences“ (2016) spielt mit der
suggestiven und assoziativen Wirkungskraft und Poesie von Worten. Ebenfalls in Neon ausgeführt, ist
auf Augenhöhe der Satz „je suis l’espace où je suis“ an die Wand montiert. Unterstützt durch die Wahl
der Bildmittel und der Ausführung von weiss leuchtender Neonschrift auf weisser Wand, verändert
dieser einfache Satz als Denkanstoss unmittelbar die Wahrnehmung des Ausstellungsraums und
provoziert eine sich nach Innen verlagernde, sich kontinuierlich erweiternde Gedanken- und
Assoziationskette.
Sowohl die eingereichten Einzelwerke als auch das dokumentierte künstlerische Schaffen des 2013
gegründeten Duos Barbezat-Villetard hat die Jury hinsichtlich seiner über einen längeren Zeitraum
gezeigten Konsequenz, der immer wieder überraschenden Originalität und der auf einem technisch
hohen Niveau realisierten Umsetzungen begeistert und nachhaltig überzeugt. Auf der Basis
kunsthistorischer Bildtraditionen und unter Einsatz herkömmlicher Mittel entwickelt das Duo
eigenständige und neuartige Werke. Die Jury begrüsst die dabei gezeigte Risikofreudigkeit und die
unter Beweis gestellten hohen ästhetischen Ansprüche. Ausserdem schätzt sie die Kompetenz des
Duos, mit reduzierten Mitteln eine beeindruckende Vielfalt von Aussagen zu erzeugen, ohne dabei eine
angestrengte Dominanz zu entwickeln – im Besonderen ist dies bezogen auf die räumlichen
Interventionen anzumerken, die zwar stets auf das Umfeld einwirken, dieses jedoch nicht
vereinnahmen. Die Jury honoriert diesen hohen Grad an Innovation und Professionalität mit der
Vergabe des Hauptstipendiums.
Michael Blaser (*1979 Bern, lebt und arbeitet in Bern)
Förderstipendium (CHF 10’000)
Die jüngst entstandene fotografische Serie „Raumordnung“ (2016) von Michael Blaser zeigt präzis
gewählte Ausschnitte (vor-)städtischer Lebenswelten. Durch die systematische Aufnahme von
Häuserkonstellationen in Hanglagen und die erhöhte Positionierung der Kamera auf einem Hügel
erreicht der Künstler eine Verdichtung und Staffelung der einzelnen Motive und Bildelemente
innerhalb des gewählten, abgebildeten Ausschnittes. Die daraus resultierende Komplexität der
Bildkomposition führt einerseits zu spannungsvollen Ansichten und aufgrund der erzielten
Ausgewogenheit andererseits zu in sich ruhenden, zurückhaltend anmutenden Bildern. Dieses
austarierte Spiel zwischen Figuration und Abstraktion im Spannungsfeld von Landschaft, Architektur
und gestaltetem Lebensraum, sowie die damit einhergehende ernsthafte Befragung unserer
Wahrnehmung insbesondere der Diskussion von Bild, Abbild, „Realität“ und modellhafter
Konstruiertheit haben die Jury für sich eingenommen. Die Überzeugungskraft der Serie beruht in den
Augen der Jury ausserdem auf dem unspektakulären und ruhigen Blick des Fotografen auf die gebaute
Kleinräumigkeit, den er zum einen durch die adäquate Wahl eines eher kleineren bis mittleren
Bildformats und zum anderen aufgrund seiner Entscheidung bei gedämpften Wetter- und
Lichtverhältnissen zu fotografieren, verstärkt. Dies ermöglicht inhaltlich eine zuweilen auch kritische
Auseinandersetzung mit unserem Lebensraum, welche durch die formal-ästhetisch überzeugende
Wirkung der Serie unterstützt wird.
Martin Jakob (*1989 St-Aubin-Sauges, lebt und arbeitet in Neuchâtel, Heimatort Lauperswil BE)
Förderstipendium (CHF 10’000)
Das raumgreifende, installative Werk „Surface de transformation“ (2016) von Martin Jakob besteht
aus einer feingliedrigen, jedoch stabilen kubischen Unterkonstruktion aus Holzlatten und einer
darüber liegenden Plattform, auf der einer Bühne gleich verschiedene Zustände und Formen von Gips
zur Schau gestellt werden. Kühn die Positionierung im Raum, welche ortsspezifisch durch den
Künstler vorgenommen wurde: Es scheint, als ob die Installation den Besucherinnen und Besuchern
den Zugang zum Raum verwehren würde, so nahe ist sie vor den Eingang der Ausstellungshalle
gebaut. Konfrontativ auch die Wahl der Werkmasse in der Senkrechte: Die voluminöse
Unterkonstruktion reicht in der Vertikalen bis auf Augenhöhe, sodass es den Betrachtenden lediglich
eingeschränkt möglich ist, ihren Blick über die Gipsverformungen gleiten zu lassen, während er sich
frei um die grossflächige Installation bewegen kann. Überzeugt hat die Jury die gleichermassen
präzise und hinsichtlich der Wahl von Grösse, Form, Material und Ausführung aufeinander
abgestimmte Ausgestaltung der Ober- und der Unterkonstruktion, was schliesslich zu einem als
Ganzes stimmig wirkenden Kunstwerk führt. Die damit verbundene Hinterfragung klassischer
Präsentationsformen wie Sockel und Skulptur wird differenziert visualisiert und erweitert die
Deutungs- und Diskussionsmöglichkeiten substanziell. Ausserdem haben die farblich feinen
Nuancierungen sowie das sich weit öffnende Assoziationsfeld, angestossen durch die sich vor dem
Auge erstreckende Gips-Landschaft, die Jury für das Projekt eingenommen.
Selina Lutz (*1979 Zürich, lebt und arbeitet in Bern)
Förderstipendium (CHF 10’000)
Die Künstlerin Selina Lutz arbeitet seit zwei Jahren an der Serie „Erbe“ (fortlaufende Serie seit 2014),
die mittlerweile verschiedenste Objekte in den unterschiedlichsten Techniken und Materialien
umfasst. Werke aus gebranntem Ton oder Porzellan kombiniert mit Elementen aus Holz oder Stahl
gehören ebenso dazu, wie zweidimensionale Arbeiten mit Filzstift, Ölkreide und Graphit auf Papier
oder beispielsweise eine Büste aus Bronze, die bis zur Unkenntlichkeit mit Plastilin überformt ist. An
die langjährige Tradition der Assemblage anknüpfend entziehen sich Selina Lutz’ Werke gleichwohl
klassischen (Zu-)Ordnungen. Die Kombination ungewohnter Materialien, die oft zu prekären,
symbolhaft aufgeladenen Konstellationen zusammengefügt sind, (ver-)führen uns in surreale
Traumwelten, aktivieren diffus unser kollektives archaisches Gedächtnis und wecken innere Bilder
und Emotionen. Jedes Einzelwerk entfaltet dabei für sich eine eigenständige Wirkung, die dennoch im
Zusammenspiel mit den anderen Teilen der Serie – gleich einem Register im Orchester – zum
verdichteten Gesamteindruck der situativ immer wieder neu präsentierten Installation beitragen. Die
Jury würdigt mit der Vergabe des Förderstipendiums an Selina Lutz deren künstlerische Recherche,
welche die Vielfalt der Medien sowie deren Wirkungen handwerklich-technisch gekonnt auslotet, ohne
dabei das „grosse Ganze“ und die Konzentration auf ihre künstlerischen Anliegen aus den Augen zu
verlieren.
Sinae Yoo (*1985 Korea, lebt und arbeitet in Bern)
Förderstipendium (CHF 10’000)
In der Ausstellung des diesjährigen AC-Stipendiums ist die Künstlerin Sinae Yoo mit drei Werken
vertreten: Der Film „Enemy“ (2016) führt während rund 9 Minuten in eine visuell und akustisch
korrespondierende Welt des Schönen in unmittelbarer Nachbarschaft des Erschreckenden. Im
Triptychon „Narcissistic Ghost and Borderless Intimacy“ (2016) verbindet die Künstlerin mit
koreanischen Wurzeln den in der koreanischen Tradition begründeten Glauben an Schutzgeister mit
dem westlichen Nimbus der Niveacreme, die vor Umwelteinflüssen und Alter schützen soll. Und in der
dreiteiligen Arbeit „Ridiculous Accuracy in Our Time“ (2016) treffen traditionell anmutende
Keramikobjekte auf die im Kontext der Kunst eher fremde Präsentationsästhetik von Plexiglashauben
und LED-Licht. Die Jury erachtet die von Sinae Yoo in verschiedenster Weise vollzogene Kombination
östlich-koreanischer Kulturtradition mit westlichen Formen als im Kontext der Globalisierung
relevante Untersuchung. Die ernsthafte und kontinuierliche Auseinandersetzung der Künstlerin mit
den grundlegenden Werten und Normen von Gesellschaften gespiegelt in Themen wie Herkunft,
Brauchtum und Heimat, Schönheit und Vergänglichkeit finden nach Ansicht der Jury Ausdruck in einer
eigenständigen Bildsprache. Der Künstlerin gelingt es, mal ironisierend und leichtfüssig, mal
tiefgründig und bedrohlich, jedoch stets mit überraschenden Wendungen, scheinbar Oberflächliches
mit existenziellen Fragen zu koppeln und vieldeutige Interpretationsspielräume zu öffnen.