KUDZANAI-VIOLET HWAMI
10 April 2022 – 12 Juni 2022
KUDZANAI-VIOLET HWAMI
10.4.-12.6.2022
Kudzanai-Violet Hwami kombiniert in ihren Malereien visuelle Fragmente und offenbart eine vielschichtige und persönliche Vision des Lebens im südlichen Afrika. Sie experimentiert mit Fotografien und digitalen Bildcollagen und verwendet diese, um grossformatige Werke auf Papier oder Leinwand mit intensiv pigmentierter Ölfarbe zu schaffen, wobei sie häufig auch andere Medien und Techniken wie Siebdruck, Pastell oder Holzkohle einsetzt. Ihre Inspiration zieht sie aus einer Vielzahl von Quellen, wie Archiv-, Online- oder Aktbildern, aber auch persönlichen Fotografien, wie Selbstportraits oder Familienaufnahmen.
Mit Hilfe von Erinnerungen besucht Kudzanai-Violet Hwami Orte, die sie als Kind im postkolonialen Simbabwe kennengelernt hat, und erschafft aus diesen ein Paralleluniversum, das sich um eine futuristische Erzählung des Landes dreht. In ihrer Arbeit spielt die Künstlerin mit der Idee einer afrikanischen Utopie, in der es keinen Raum, keinen Ort und keine Grenzen gibt, während sie gleichzeitig auf etablierte Kulturen und Traditionen verweist. Viele Bilder in ihren Werken sind von der wachsenden Popularität von Subkulturen beeinflusst, z. B. von der Afro-Punk- und Grunge-Kultur in Kenia und Südafrika. Auch andere Einflüsse aus der Musik, wie ZimHeavy und Afrobeats, der Literatur, sowie ihre eigene, andauernde Selbstfindungsreise bilden wichtige Quellen für ihr Schaffen. Die Einbeziehung von willkürlich in den sozialen Medien gefundener Bilder als weiterer Ausgangspunkt ist eine Einladung an das freie Spiel der Vorstellungskraft, während das autobiografische Material eine Bezugsquelle bleibt.
Themen, die in ihren Erfahrungen mit geografischer Dislokation oder der Befragung der eigenen Identität in Selbstportraits und Bildern der Familie gründen, und die den schwarzen Körper und seine Darstellung reflektieren, ziehen sich wie ein roter Faden durch ihr Werk. Ihre Arbeit könnte als autobiografisch gelesen werden, denn sie ist mitgeprägt durch die Zeit, welche sie an ihren Lebensstationen in Simbabwe, Südafrika und England verbrachte und ist eng verbunden mit ihrem Versuch, ihre simbabwische Identität innerhalb der afrikanischen Diaspora zu verstehen. Sie verwendet Familienfotos aus den 1970er Jahren, die sie in Form von digitalen Collagen bearbeitet und anschliessend auf Leinwand malt. In ihren Familienporträts nimmt die beschützende Figur der Mutter einen zentralen Platz ein, wie die Werke Family Portrait (2021) und Lotus (2018) zeigen. Ihr Vater erscheint in Father in Pin Light (2017), ihr Bruder und Schwester, die Zwillinge sind, in Epilogue (Returning to the Garden) (2016). Die beiden Kinder liegen auf der Seite und schauen sich in der Fötus Stellung auf einem farbigen Untergrund an. Eine grosse Weichheit geht von dieser Szene aus, in der die Körper in einem intrauterinen Raum schwebend und geschützt zu sein scheinen, in einer stillen haptischen Kommunikation. Ihre Haut ist teilweise von Vernix caseosa, einer wachsartigen, schützenden Schicht bei Neugeborenen, bedeckt. Der Titel, der eine Rückkehr zu den Tagen der Unschuld suggeriert und gleichzeitig auf einen Höhepunkt (den Epilog) hinweist, drückt eine Hoffnung für die zukünftige Generation aus, die von den Zwillingen verkörpert wird.
Wir begegnen sowohl nackten, als auch gekleideten stolzen Körpern, in denen sich schwarze und queere Identitäten treffen, wie in You are killing my spirit (2021), Expiation (2021) oder Innnspirit-ed (2021). Wir begegnen oft kastrierten männlichen Akten wie in Jonga 1 und 2 (2021), oder Trauma Pond 2 (2022), welche die Künstlerin als eine Art Projektionsfläche für ihren Körper jenseits der Geschlechterzuschreibung nutzt, um die transformative Fähigkeit von Körpern allgemein in den Vordergrund zu rücken. Das Interesse für den Körper und die kraftvollen Aktbilder entstanden bereits während ihrer Ausbildung in Wimbledon, wo Hwami die Farbfeldmalerei erforschte und illustrative Zeichnungen von Akten und Porträts aus der Pornografie in ihre Malerei einführte. Die in leuchtenden Gelb-, Blau- und Grüntönen bemalten Hintergründe der Leinwand erinnern an redaktionelle Bilder, die in den 2010er Jahren auf Tumblr kursierten und dunkelhäutige Models vor hellen Farben zeigten. Diese visuelle Anziehungskraft der Darstellungen, aber auch das Bewusstsein darüber, welche geringe Rolle schwarze Körper in der westlichen Malerei spielten und wie sie dargestellt wurden, brachte sie zu ihrer Haltung als Malerin, das Selbst zurückzufordern. Die Selbstbestimmung wurde in dieser Zeit auch in den sozialen Medien mehr und mehr zum Thema, so wurde #blackout zum beliebten Hashtag, unter dem viele schwarze Nutzer*innen Bilder teilten und die Seite mit Selbstdarstellungen überfluteten Oftmals befreien ihre collagierten und geschichteten Kompositionen die Figur von den vorgeschriebenen Bedeutungen ihres ursprünglichen Kontextes, um neue Erzählungen zu schaffen. Die Künstlerin ist daran interessiert, eine alternative Perspektive des simbabwischen Körpers zu entwerfen und zu gestalten. Der schwarze Körper spielt in den Malereien überhaupt die wichtigste Rolle und dient ihr als Vehikel, um Themen wie Sexualität, Geschlecht, Spiritualität, Erinnerung und Kindheit auszudrücken.
Kuratorinnen der Ausstellung
Stefanie Gschwend, Direktorin ad interim Kunsthaus Pasquart und Felicity Lunn
Publikation zur Ausstellung
Anlässlich der Ausstellung erscheint eine monografische Publikation mit Ausstellungsansichten und Texten von Osei Bonsu und Stefanie Gschwend im Verlag für moderne Kunst (DT / FR / ENG).
Öffentliche Führungen
Do 21.4.2022, 18:00 (fr) Laura Weber, Kunsthistorikerin
Do 19.5.2022, 18:00 (dt) Stefanie Gschwend, Direktorin ad interim
Kunstimbiss – Zu Tisch mit dem Kunsthausteam
Fr 13.5.2022, 12:15 (dt/fr) Kurzführung mit anschliessendem Mittagssnack von Batavia, CHF 15.-, ohne Imbiss regulärer Eintritt, info@pasquart.ch
Künstleringespräch
So 12.6.2022, 14:00 (eng) Kudzanai-Violet Hwami im Gespräch mit Stefanie Gschwend
Kudzanai-Violet Hwami, Expiation, 2021, Ölfarbe, Acryl, Ölstick und Siebdruck auf Leinwand, 127.5 x 119.5 cm; © Kudzanai-Violet Hwami. Courtesy the artist and Victoria Miro
Mit freundlicher Unterstützung des Legats von Mme M. Mottier-Lovis und VICTORIA MIRO